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Die Individualpsychologie (IP) geht zurück auf den Wiener Psychiater Alfred Adler. Sie wurde vor dem ersten Weltkrieg begründet und ist neben der Psychoanalyse nach Freud und der analytischen und komplexen Psychologie nach C. G. Jung eine tiefenpsychologische Richtung.

Die IP als eine zutiefst humanistische Psychologie sieht den Menschen als ganzheitliches, zielgerichtetes und soziales Wesen an. Mut und Vertrauen in sich selbst und die Einfühlung in den Mitmenschen waren für Adler entscheidende Werte: „Mit den Augen des anderen sehen, mit den Ohren des anderen hören und mit dem Herzen des anderen fühlen.“

„Individere“ (lat.) heißt übersetzt „unteilbar, untrennbar“. Das heißt, der Mensch wird als ganzheitliches Wesen betrachtet – mit seiner Einzigartigkeit und Einmaligkeit, seiner ihm eigenen schöpferischen Kraft, seiner Finalität und mit seinen sozialen Bezügen. Die IP ist damit eine der ersten Sozialpsychologien. Adler entwirft ein optimistisches Bild, in welchem der Mensch in seiner schöpferischen Einzigartigkeit Anerkennung  findet und nicht auf eine Abstraktion oder Verallgemeinerung reduziert wird.

Der Mensch wird von Beginn an als ein soziales Wesen betrachtet. Den Bedingungen, unter denen sich menschliche Entwicklung vollzieht, und der Zielgerichtetheit wird große Beachtung geschenkt. In Begegnungen, menschlichen Beziehungen bildet sich „Charaktere“ heraus auf der Suche nach einem Platz in der Gemeinschaft und nach einem persönlichen Sinn.

Durch die Verbindung von Theorie und Praxis und der Betonung von Eigenaktivität des Individuums
weist die Individualpsychologie eine große Nähe zur Pädagogik und Soziologie auf.
Adler: „Das Beste, was eine gute Fee einem Kinde in die Wiege legen kann, sind Schwierigkeiten, die es überwinden soll und kann.“

Die klassische IP verbinden wir in unserer heutigen Betrachtung mit daseinsanalytischen Sicht- und Verstehensweisen nach Heidegger, Boss und Coriando. Das ermöglicht u. a. die Erweiterung des Blickwinkels und somit das bessere Erkennen und Verstehen von Zusammenhängen, die Stärkung der individuellen schöpferischen Kraft sowie die Bewusstheit für die eigene Verantwortlichkeit.